Aus dem Leben einer Feldwespe

Ein Tagebuch über das Leben einer Heide-Feldwespe, die sich im Frühjahr 2006 ein leeres Blumenkisterl auf unserem Balkon in Graz-Wetzelsdorf (Österreich) als Nistplatz gewählt hat.

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Standort: Graz, Steiermark, Austria

20 Juni 2011

Jahre später ...

Bald nach dem letzten Blogeintrag verschwand unsere Königin. Dafür kamen mit der Zeit ein paar Drohnen dazu, vermutlich die Nachkommen der verbliebenen Arbeiterinnen. Arbeiterinnen sind bei vielen sozialen Wespen-, Bienen- und Ameisenarten nämlich durchaus in der Lage, Eier zu legen. Diese sind aber stets unbefruchtet, und wie es bei dieser Tiergruppe nun mal Usus ist, entstehen aus unbefruchteten Eiern immer Männchen. (Exkurs: Wespen-Männchen haben einen einfachen Chromosomensatz, sprich sie sind so haploid wie ihre Samenzellen. Böse Zungen verspotten die Drohnen daher gern als "geflügelte Spermien".)

Noch im Sommer verschwanden die Arbeiterinnen und Drohnen und das Volk starb aus. Wenn ich mal Zeit finde, werde ich ein paar Bilder dazu posten.

Seither haben wir jedes Jahr mindestens ein Feldwespenvolk auf dem Balkon zur Untermiete. Aber seltsamerweise war keine Heide-Feldwespe (Polistes nimpha) mehr darunter, sondern es waren stets Abordnungen der Gallischen Wespe (Polistes dominulus).

23 Juni 2006

Entpuppt!

Im Laufe des heutigen Tages muss es geschehen sein: unsere Königin hat ihre ersten beiden Arbeiterinnen. Wie so oft bei sozialen Hautflüglern sind die zuerst geborenen Arbeiterinnen deutlich kleiner als später geborene. Bei Ameisen nennt man diese erste Nachkommen einer Jungkönigin auch Pygmäen, ob auch diese Wespen so genannt werden, weiß ich gerade nicht.

Polistes dominulus. Foto: Klaus Steiner (2006)

19 Juni 2006

Immer noch allein

Unsere Feldwespe ist immer noch das einzige erwachsene Tier im Nest. Doch etliche Zellen sind schon seit einiger Zeit zugedeckelt. Diese verschlossenen Zellen bergen die Puppen, also die Tiere, die ihre Larvenstadien bereits hinter sich haben und nun ihre Metamorphose durchmachen - die Verwandlung von der unscheinbaren, grauen, dicken, unbeweglichen, hilflosen Larve zu dem schwarz-gelben, stachelbewehrten Arbeitstier. Es sollte nun nicht mehr allzu lange dauern bis die ersten Arbeiterinnen ihrer Königin zur Hand gehen werden.

Polistes dominulus. Foto: Klaus Steiner (2006)
Nach der kalten, verregneten ersten Junihälfte ist es heiß geworden. Unsere Königin muss wieder für Kühlung ihrer Brut sorgen. Wie schon erwähnt, fächelt sie dazu mit ihren Flügel Luft in die Zellen. Aber sie macht noch etwas, wie auf den beiden neuen Fotos von 18. Juni zu erkennen ist: sie platzert Wassertropfen in jede einzelne Zelle. Die Verdunstung des Wassers kühlt die Zellen. Aus dem selben Grund schwitzen wir Menschen, bei den Wespen muss dafür eben die Verwandschaft sorgen.

Polistes dominulus. Foto: Klaus Steiner (2006)

20 Mai 2006

Nestbau

Rohstoff für das Papiernest sind Holzfasern. Die Wespen reißen mit ihren Mandibeln Fasern von dürren Ästen ab, zerkauen sie und und rühren mit Speichel einen Papierbrei an.

Polistes dominulus. Foto: KLaus Steiner (2006)
Auf dem Bild ist nicht unser Tier zu sehen, sondern eine Gallische (oder Französische) Feldwespe, Polistes dominulus. Ich erwischte sie vor ein paar Tagen (12. Mai), als sie Baumaterial von einen alten Zweig abbiss nur ein paar Meter von unserer Königin entfernt. Die Art P. dominulus ist leicht zu erkennen: sie ist die einzige heimische Feldwespe mit auch oberseitig orange gefärbten Fühlergeißeln.

05 Mai 2006

Endlich sonnig

Sonne! Da kommt Leben in die Wespe und da freut sich der Fotograf, dass er endlich anständiges Licht hat. Also machen wir gleich mal ein Passfoto. Bitte lächeln ...

Polistes nimpha. Foto: KLaus Steiner (2006)
Und damit haben wir schon den Beleg, dass wir es tatächlich mit einer Heide-Feldwespe zu tun haben, oder Polistes nimpha, wie sie wissenschaftlicher und poetischer genannt wird. Die fünf oder sechs Feldwespen-Arten, die in Österreich vorkommen (in Deutschland sind es nur vier), lassen sich recht gut am Weibchenkopf unterscheiden. So spricht die Kombination aus oberseitig über die ganze Länge geschwärzten Antennen, gelben Wangen und gänzlich dunklen Mandibeln (Oberkiefer) eindeutig für diese Art.

Polistes nimpha. Foto: KLaus Steiner (2006)

Polistes nimpha. Foto: KLaus Steiner (2006)

Feldwespen lieben es meist recht trocken, warm und sonnig. So hat auch unsere Königin ihr Nest in der prallen Sonne angebracht, vor Regen recht passabel durch das vorragende Hausdach geschützt. Knallt die Sonne mal etwas zu heftig auf die Brut, sorgt die Mutter selbst für Kühlung. Sie stellt sich auf die Wabe und fächelt mit ihren Flügeln Luft in die Zellen.

30 April 2006

Die ersten Eier

Das Wetter ist zwar immer noch recht kühl und die Königin wirkt auch noch nicht viel aktiver, aber in einigen Zellen kann man die ersten Eier entdecken. Vor zwei Tagen waren sie noch nicht da.

28 April 2006

Erster Kontakt

Es ist kalt, trüb und Ende April 2006, als ich das kleine, graue Wespennest in einer leeren Blumenkiste gleich vor unserer Balkontür entdecke. Etwas klamm harrt die Baumeisterin auf ihrem papierenen Werk und wartet auf wärmere Tage. Es ist eine Heide-Feldwespe (Polistes nimpha), eine Königin. Der Jahreszeit entsprechend ist sie noch allein, doch den Anfang zur Gründung ihres Volkes hat sie schon getan.

Polistes nimpha Königin. Foto: KLaus Steiner (2006)

Wespennest. Foto: KLaus Steiner (2006)